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Schwarmrobotik und Klangkunst

In den Bereichen Informatik und künstliche Intelligenz wird das Konzept des Schwarmverhaltens oft als Inspiration für Algorithmen genutzt, die auf den Prinzipien des kollektiven Verhaltens basieren, um komplexe Probleme zu lösen. Wenn man dieses Konzept auf die Parametrierung von Klangsynthese, Multi-Kanal-Audio und räumlicher kinetischer Bewegung überträgt, lassen sich komplexe dynamische Klangräume gestalten.

Insgesamt bietet das Thema Schwarmverhalten in der Kunst eine reiche Quelle für kreative Exploration und Reflexion über die Beziehung zwischen Individuum und Gemeinschaft sowie über die komplexen Muster und Strukturen, die in kollektivem Verhalten entstehen.

Boid-basierende Modelle nach Craig Reynolds


die drei Grundregeln des Schwarmverhaltens sind oft vereinfachte Prinzipien, die verwendet werden, um das Verhalten von Individuen in einem Schwarm zu beschreiben. Diese Regeln sind von Craig Reynolds entwickelt worden und werden oft in der Computergrafik und künstlichen Intelligenz verwendet, um realistische Schwarmverhalten zu simulieren. Die Grundregeln lauten:


cohesion: Individuen im Schwarm tendieren dazu, sich in der Nähe anderer Mitglieder des Schwarms zu halten. 

Dies bedeutet, dass jedes Individuum dazu neigt, sich zu den Durchschnittspositionen der umliegenden Gruppenmitglieder zu bewegen. Auf diese Weise bleibt der Schwarm als Ganzes zusammen und vermeidet eine zu starke Zerstreuung.

alignment: Individuen im Schwarm richten sich in der Bewegungsrichtung und Geschwindigkeit nach denen ihrer Nachbarn aus. Dies bedeutet, dass jedes Mitglied des Schwarms versucht, in die gleiche Richtung zu fliegen wie die umliegenden Mitglieder. Dies trägt zur Koordination der Bewegungen im Schwarm bei und sorgt dafür, dass die Gruppe als Ganzes eine einheitliche Ausrichtung beibehält.

separation: Individuen im Schwarm versuchen Kollisionen zu vermeiden und halten einen Mindestabstand zu ihren Nachbarn ein. Dies bedeutet, dass jedes Mitglied des Schwarms Hindernissen oder anderen Gruppenmitgliedern ausweicht, um Zusammenstöße zu vermeiden und die Sicherheit des Schwarms zu gewährleisten.


Diese drei Grundregeln sind einfach, aber sie können komplexe und realistische Schwarmverhalten erzeugen, wenn sie in einem algorithmischen Modell angewendet werden. Sie haben auch Anwendungen in anderen Bereichen wie Robotik, Verkehrsflusssimulationen und Verhaltensmodellierung von Tieren.


Indem diese Konzepte auf den klangkünstlerischen Bereich übertragen werden, könnte man komplexe und organische Klanglandschaften schaffen, die sich auf ähnliche Weise verhalten wie Schwärme in der Natur, indem sie sich zusammenfügen, ausrichten und voneinander trennen, um ein harmonisches oder dissonantes, dynamisches oder starres Ganzes zu bilden.


cohesion: In der Klangkunst könnte die Kohäsion bedeuten, dass Klänge oder Klangelemente dazu neigen, sich in der Nähe anderer Klänge zu gruppieren oder zu sammeln. Dies könnte durch die Verwendung von räumlichen Effekten wie Hall, Echo oder Dopplereffekt erreicht werden, um eine Illusion von Nähe und Ferne zwischen Klängen zu erzeugen. Zusätzlich könnten dynamische Prozesse wie Filterung, Panning oder Lautstärkeänderungen verwendet werden, um Klänge in Richtung eines Durchschnittspegels oder einer Durchschnittsfrequenz zu bewegen, wenn sie sich in der Nähe anderer Klänge befinden.


alignment: Die Ausrichtung in der Klangkunst könnte bedeuten, dass Klänge dazu neigen, sich in Bezug auf Tonhöhe, Rhythmus oder Dynamik aufeinander abzustimmen. Dies könnte erreicht werden, indem Klänge miteinander synchronisiert werden, entweder manuell durch den Klangkünstler oder automatisch durch algorithmische Prozesse. Zum Beispiel könnten Klänge so manipuliert werden, dass sie im gleichen Tempo pulsieren oder harmonische Beziehungen zueinander haben, um eine einheitliche Ausrichtung im Klangraum zu erzeugen.


separation: In der Klangkunst könnte die Trennung bedeuten, dass Klänge dazu tendieren, sich voneinander zu unterscheiden und eine gewisse Distanz zueinander zu halten, um Kollisionen oder Überlappungen zu vermeiden. Dies könnte durch die Verwendung von Variationen in Klangfarbe, Textur oder Raumpositionierung erreicht werden, um sicherzustellen, dass jeder Klang seine einzigartige Identität behält und sich nicht zu stark mit anderen Klängen vermengt. Darüber hinaus könnten dynamische Prozesse wie Hüllkurven oder zeitliche Verschiebungen verwendet werden, um sicherzustellen, dass Klänge sich nicht zu stark überlappen oder konkurrieren.

Prototyp:


-   C++ / IC Atmel - Atmega 328

-   Usb und Bluetooth Schnittstelle, 

    Infrarot basierte IrDA 850 Nm Kommunikation 

    zwischen den Bots für separation, 

    alignment, cohesion und Raumkoordinaten

-   4 x Servomotoren, Spannungswandler, 

    Speaker, TDA-IC Audio Verstärker

-   HC-SR04 Ultraschallsensor

-   VL53L0X  (ToF) Abstandssensor 

-   GY-291 Accelerometer mit ADXL345


MAX/MSP Interface

Die Anwendung soll mithilfe von MAX/MSP globale Parameter auf die Bots übertragen und Echtzeit-Bearbeitungsfunktionen in ein interaktives Setting integrieren. Dadurch können komplexe Strukturen im Raum durch externe Aktoren gesteuert werden, beispielsweise durch Sensoren, die auf Veränderungen reagieren und mit Tänzern oder anderen Musikern verbunden sind. Diese Parameter, wie Geschwindigkeit, Harmonie, Dissonanz und Tonabstände, ermöglichen eine dynamische Anpassung und Steuerung der Performance in Echtzeit.

Sound example 1: Fast movement (attack, defence), Smaller distance (clustering), Diffuse alignment

Kilobot

Ein kosteneffizient konstruierter Roboterschwarm, entwickelt von der Harvard-Universität in Cambridge, der als open source quelle zur verfügung steht. Der Aufbau könnte als Inspiration für die Entwicklung von kleinen sound emittierenden Einheiten, in hoher Stückzahl dienen. 

Ansicht eines Schwarms von Kilobots. (Science/Michael Rubenstein, Harvard University) > link 

Ein Kilobot hat einen Durchmesser von 33 mm und ist 34 mm hoch. Die Beine sind etwa 20 mm lang. Der Roboter verfügt über eine kleine Hauptplatine mit einem Atmega-328-Mikroprozessor mit einer Taktrate von 8 MHz, der den Roboter steuert. Als Arbeitsspeicher stehen 2 KByte SRAM zur Verfügung, als Datenspeicher 32 KByte sowie 1 KByte EEPROM.


Die Beine sind zwar starr. Dennoch kann sich ein Kilobot bewegen: Er hat zwei Vibrationsmotoren, die unabhängig voneinander angesteuert werden können. Die Energie liefert ein kleiner Lithium-Ionen-Akku, der eine Laufzeit von etwa drei Stunden ermöglicht.

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Flocking Boids und Granularsynthese

Flocking Boids steuern die Granularsynthese. Die Links-Rechts-Position steuert die Sample-Wiedergabeposition, Up-Down steuert den Tonhöhenversatz und Front-Back steuert das Stereo-Panorama.                                                                                            (Quelle: Maciek Odrowaz > link)